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Ausstellung im Museum für Kartonagen in Valréas  © Maisonnave

In Valréas wird Karton zum Kunstwerk!

Man weiß es vielleicht nicht, aber Valréas im Herzen der Papst-Enklave war über ein Jahrhundert lang die europäische Hauptstadt der Kartonagen (der Herstellung von Verpackungen). Von diesem goldenen Zeitalter sind heute noch eine Fabrik, MMP Packetis Valréas und das Museum für Kartonagen und Druckerei übrig geblieben. Ein Ort des industriellen Andenkens an dieses recycelbare und biologisch abbaubare Material, in dessen Zentrum ein schöner Ausstellungsraum für Künstler geschaffen wurde, die Papier und Karton zu einem edlen Material für ihre Kreationen aufwerten (die uns seit 31 Jahren manchmal sprachlos machen), und das Thema unseres Besuchs, bei dem wir die Ausstellung 2023 mit dem wohlklingenden Namen „Transparences” (Transparenzen) entdecken.

Dauer:

1 Stunde

Typ:

Besichtigung

Als Auftakt, das Museum

Die Kartonherstellung in Valréas ist eine eindrucksvolle Geschichte, die im Museum nachvollzogen wird.

Es nimmt das gesamte Erdgeschoss des Gebäudes ein und bietet 2 Umgebungen: die Druckerei und die Kartonagenwerkstatt, in der Schachteln in den verschiedensten Formen hergestellt werden. So lässt sich diese Industrie zurückverfolgen, die zum wirtschaftlichen Wohlstand der Enklave und der Region beitrug. Dieser Aufschwung ist Ferdinand Revoul zu verdanken, einem Kaufmann aus Valréas und genialen Erfinder.

Anhand von nachgebauten Maschinen und Werkstätten wird das Leben der Kartonagenarbeiter und -arbeiterinnen, der Schriftsetzer und Drucker vorgestellt, die diesen Verkaufsverpackungen, von der einfachsten bis zur luxuriösesten, welche ihren Weg durch ganz Europa antraten, den letzten Schliff gaben.
Ein schöner Einstieg, bevor es zum Ausstellungsbereich geht, der alle Erwartungen erfüllt!

le saviez-vous ?

Schon gewusst?

Die Herstellung der Schachteln wurde den Frauen zugewiesen, die ein zunftübliches Liedchen hatten, „La chanson des cartonnières”, dessen älteste Version 1905 entstand.

Museum für Kartonagen in Valréas

2 weibliche Künstlerinnen

Eine bewusste Entscheidung des Museums, um zu zeigen, dass moderne Kunst im Plural weiblich ist, und zwar mit einer Welt der Sinne, in der Karton und Papier veredelt werden. Wir haben die Gelegenheit, die beiden Frauen kennenzulernen, um ihre kreativen Prozesse besser zu verstehen, was sie dazu bewogen hat, dieses Material zu wählen, und um ihre Werke zu entdecken, die wir gleich sehen werden.

Angelina Maia, die kürzlich im Carrousel du Louvre und in Dubai im Rahmen von „Art Connects Women” ausstellte und dort mit einem Preis ausgezeichnet wurde, erklärt: „Kreativität ist mein Lebensinhalt, Karton eine echte Leidenschaft: seine Haptik, seine Raffinesse und seine Transparenz sind alles Trümpfe, die ich gerne weitergebe”.  Wir erfahren außerdem, dass Angélina Frauenbüsten erschafft, um auf die Zerbrechlichkeit des Körpers und auf Krebs aufmerksam zu machen, an dem einige Frauen in ihrem Umfeld erkrankt sind.

Sarah Bathélémy-Sibi, deren Werke man bereits im Maison de l’artisanat et des métiers d’art in Marseille und im Musée du Château de Flers bewundern konnte, berichtet von ihrer Kunst „Auszuschneiden wie beim Zeichnen, um damit Welten entstehen zu lassen. Auszuschneiden wie beim Schnitzen, um Volumen zu schaffen, um die Form durch Leerräume zu offenbaren. Auszuschneiden wie beim Gravieren, um die Textur, die Körnung zu offenbaren. Auszuschneiden für die Geste, für die Musik, für die Leere, die man in sich selbst erzeugt”.

Sensorisch, musikalisch, Spiegelbild der Seele, der Körper und Offenbarung von Welten… Karton und Papier bekommen plötzlich eine neue Dimension!

„Transparences”: Kunstwerke zwischen Licht und Schatten, Zurückhaltung und Extravaganz!

Exposition au musée du cartonnage de Valréas
Info pratique

Unser Tipp

Um die von der Decke hängenden Mobiles noch besser betrachten zu können, lädt ein weicher Teppich zum Hinlegen ein (dafür ist er übrigens auch da). Lehnen Sie sich zurück und lassen Sie sich treiben

Die Werke sind vom Erdgeschoss aus zu sehen.
Im Ausstellungsraum wird der Blick von allen Seiten eingefangen, das Weiß der Kakemonos und Mobiles von Sarah Barthélémy-Sibi kontrastiert mit dem Braun der Sockel und Wände, von denen sich die gold- und silberfarbenen Büsten von Angélina Maia scheinbar ablösen und lebendig werden.
Die weißen Kakemonos und Mobiles sehen aus wie Haute-Couture-Werke aus Spitze und Boutis, die Büsten wirken wie Skulpturen aus Stahldraht.. Ein Blick aus der Nähe genügt, um zu bestätigen, dass es sich tatsächlich um Karton und Papier handelt, die das Rohmaterial für diese Kunstwerke sind!
Die Genialität, die Eleganz des Handwerks, die Zartheit der Formen, die durchscheinende Schönheit und die Poesie, die dadurch zum Ausdruck kommt… Man ist einfach begeistert!
Hier nimmt man sich die Zeit, jedes Werk zu betrachten, sich die Formgebung des Materials vorzustellen, die Zeit, in der jeder einzelne winzige Bereich minutiös mit dem Cutter ausgeschnitten wird, um perfekt Licht- und Schattenspiele zu erzeugen, jene Effekte, die Karton und Papier fast lebendig und pulsierend machen.

Ein letzter (nein, nein, wir kommen wieder!) Blick und wir verlassen diese Ausstellung, die beweist, dass Karton, der in unserem Leben allzu oft belanglos geworden ist, in Wirklichkeit ein hervorragendes Material für erfinderische Künstler bietet.

Praktische Infos

Agenda

Die Ausstellung ist bis zum 30. September 2023 zu besichtigen

3, avenue Maréchal-Foch
84600 VALREAS

Horaires

Geöffnet von Dienstag bis Samstag und am ersten Sonntag im Monat
vom 1. April bis zum 30. September: 10:00 bis 13:00 Uhr und 14:30 bis 18:00 Uhr,
ganzjährig für Gruppen nach Voranmeldung geöffnet (ab 10 Personen).